Abe
Treiner * Leopoldstraße
124 *
D-80802
München
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Bundesverfassungsgericht Postfach 1771 76006 Karlsruhe |
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München,
14. Juni 2015
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Offener Brief an das
Bundesverfassungsgericht
Sehr
geehrter Herr Gaier,
Sehr
geehrter Frau König,
Sehr
geehrter Herr Paulus,
Sehr
geehrter Herr Landau,
Sehr
geehrter Frau Kessal-Wulf,
Sehr
geehrter Herr Schluckebier,
Sehr
verehrte Leser und im Anhang genannten Empfänger,
Sehr
verehrter Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland,
hierzulande
maßt man sich an, Rechtsstaatlichkeit in anderen Ländern
anzumahnen, wenn wir Kenntnis von Geschehnissen erhalten, die wir als
nicht vereinbar mit unserer Wertevorstellung erachten. Diese, unsere
Überhebung können wir jedoch nur dann zurecht aufrecht erhalten,
wenn wir unserer grundgesetzlichen Verpflichtung uneingeschränkt
nachkommen und bereit sind Geschehnisse hierzulande, die ebenfalls
rechtsstaatliche Regeln missachten, unabdingbar einer angemessenen
Bewertung durch Rechtsorgane zuzuführen.
Die
uneingeschränkte Beachtung dieses rechtsstaatlichen Grundsatzes
wurde uns vom Grundgesetzgeber als verpflichtender Auftrag nach den
Erfahrungen des Unrechtssystem hinterlassen. Dies bedeutet, dass für
Rechtsorgane und insbesondere für die Ultima Ratio Instanz eines
Verfassungsgerichts, dann Handlungszwang besteht, wenn Fehler im
Rechtssystem erkannt werden, die, um eine Geschichtswiederholung zu
vermeiden, einer öffentlichen Klärung und zukünftigen Vermeidung
zugeführt werden müssen. Die Missachtung dieses Grundsatzes hatten
die abscheulichsten Geschehnisse der Weltgeschichte zur Folge. Diese
Erkenntnis muss unseren ethischen und moralischen Anspruch bestimmen.
Die
Missachtung dieses rechtsstaatlichen Grundsatzes zeigt obendrein
bereits heute wieder Auswirkungen, die das Wiederentstehen eines
Unrechtssystem nicht unwahrscheinlich machen. Als
Beispiele seien hier Missbräuche polizeilicher Gewalt, erkennbare
Verstrickungen von Rechts- und Ausführungsorgane im Umfeld von NSU3
Machenschaften sowie jüngste Ereignisse eines menschenverachtenden
Umgangs von Ausführungsorganen mit Asylsuchenden34,
mit einer Dimension welche sich nahezu mit jenen, von Zeitzeugen
berichteten, Geschehnissen aus Konzentrationslagern zu decken
scheinen. Von seriösen Institutionen, wie Süddeutsche Zeitung und
Amnesty International wurden allein im Zeitraum 2009 bis 2011
annähernd 15000 Missbrauchsfälle polizeilicher Gewalt ermittelt.
Hoch gerechnet muss bis heute von einem Ausmaß von annähernd 50000
Fällen ausgegangen werden. Derartige Entwicklungen können somit
nicht mehr als bedauerliche Einzelfälle betrachtet werden.
3 NSU-Morde
34 Exzesse
Bundespolizei
7 Michael
Siegel
10 Volksgerichtshof
16 People's
Court Germany
25 Bundesarchiv
Bild 151-39-23 Volksgerichtshof
26 Bundesarchiv
Bild183-R99542 Judenverfolgung, Michael Siegel
In
den, meiner Verfassungsbeschwerde zugrunde liegenden, Verfahren,
wurde von der Richterin Frau Ehrl
des Landgerichts München klar und unmissverständlich das Versagen
der Vorinstanzen und der involvierten Rechts- und Ausführungsorgane
erkannt und thematisiert. Die
Richterin Frau Ehrl
hatte nicht nur eine Missachtung des Rechtsgrundsatzes 'keine
Bestrafung ohne Tat' festgestellte, sondern auch die missbräuchliche
Anwendung von Mechanismen angesprochen, die zweifellos Assoziationen
an das 'Heimtückegesetz'12
14
des Unrechtssystems erkennen lassen. Die Richterin Frau Ehrl
zeigte sich die geradezu bestürzt, dass durch unreflektiertes
Handeln von Rechts- und Ausführungsorgane derartige Mechanismen nach
deren belastender Vergangenheit überhaupt wieder in Betracht gezogen
werde. Wenn aus diesem identifizierten Systemfehler unseres
Rechtssystem keine Notwendigkeit zur Aufklärung und Beseitigung
desselben erachtet wird, dann kann es keinen Zweifel geben, dass wir
uns bereits wieder auf einer Einbahnstraße hin zu einem
Unrechtssystem, mit möglicherweise bereits unumkehrbaren Status
befinden. Der Grundgesetzgeber hat für eine solche Konstellation
explizit den Artikel 20 Abs. 4 GG festgelegt und damit
unmissverständlich uns und insbesondere das Verfassungsgericht zur
Wahrnehmung unserer Verantwortung verpflichtet. Diese Wahrnehmung
unserer Verantwortung verpflichtet uns erst recht dann, wenn Gerichte
mit scheinbar rechtsstaatlich aufgesetzten Ritualen versuchen ein
Erscheinungsbild von Rechtsstaatlichkeit zu vermitteln. Das Kriterium
zur Einstufung eines Rechts- bzw. Unrechtssystems kann nur auf einer
bindenden Anwendung und Einklagbarkeit von grundgesetzlichen
Kernbestimmungen beruhen. Der Leitgedanke des Grundgesetzgebers war
ohne Zweifel, dem Verfassungsgericht immer dann einen Handlungszwang
aufzuerlegen, wenn Handlungen von Rechts- und Ausführungsorganen
nicht das Potenzial eines wieder entstehenden Unrechtssystems
unabdingbar abgesprochen werden kann. Auf eine Wahrnehmung dieser
Verantwortung durch das Verfassungsgericht kann schon deshalb nicht
verzichtet werden, da die wissenschaftliche Geschichtsforschung
unreflektiertes Handeln von Rechts- und Ausführungsorgane als
maßgebliche Ursache aller, von deutschem Boden ausgehenden
Unrechtssysteme identifiziert hat.
12 Treachery
Act of 1934
14 Heimtückegesetz
15 Bundesverfassungsgericht
18 Federal
Constitutional Court of Germany
19 Portrait
Gaier
20 Portrait
Paulus
21 Portrait
Schluckebier
22 Portrait
Kessal-Wulf
23 Portrait
König
24 Portrait
Landau
In
aller Welt wird eine unterbundene Einklagbarkeit eines, von Rechts-
und Ausführungsorganen verursachten Rechtsfehlers als Wesensmerkmal
eines Unrechtssystem angesehen. Dieser, vom Verfassungsgericht,
missachtete Rechtsstandard zeigt leider bis heute jenen, von der
Philosophin Hannah
Arendt8
9
und dem Juristen Fritz Bauer1
2
thematisierten, Unwillen des deutschen Rechtssystems, sich der
Verantwortung gegenüber der eigenen belasteten Vergangenheit zu
stellen. Diese
Verweigerung einer Wahrnehmung von Verantwortung durch Rechts- und
Ausführungsorgane und deren Missachtung bindender grundgesetzlicher
Bestimmungen hinterlässt den Eindruck einer Verhöhnung der Opfer
des Unrechtssystems, weil es eine Aussichtslosigkeit vermittelt,
überhaupt gegen ein wieder entstehendes Unrechtssystem wirksam
vorgehen zu können. Die Nichtannahme einer Überprüfbarkeit von, durch
Rechts- und Ausführungsorgane verursachte, Rechtsfehlern hinterlässt
zudem einen Eindruck als würde das Verfassungsgericht
gleichgerichtete Geschehnisse des Unrechtssystem als legitime,
lediglich fehlinterpretierte Vorgänge der Rechtsgestaltung
einstufen. Dies ist unerträglich und zeigt wiederum die arrogante
Selbstgerechtigkeit deutscher Juristen, die einst der
Weltöffentlichkeit durch das Gebaren von Richtern in Schauprozessen
vor Augen geführt wurde. Die Weltöffentlichkeit hatte einst die
Praxis des Unterbindens eines rechtlichen Gehörs für Opfer als
Kerncharakterisierung eines Unrechtssystems identifiziert. Wenn heute
ein Verfassungsgericht die gleiche Methodik anwendet, dann zeigt das
nur eine seit 70 Jahren andauernde mangelnde Befähigung das eigene
Handeln zu reflektieren und wird nicht durch ein Auftreten in
wallenden kardinalroten Gewändern beschönigt.
8 Hannah
Arendt
9 Hannah
Arendt
1 Fritz
Bauer
2 Fritz
Bauer
Nachdem
ich mich im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit bereits wiederholt
unangemessenen Maßnahmen durch Ausführungsorgane ausgesetzt sah,
fordere ich das Verfassungsgericht auf ihrer Verantwortung zur
Verhinderung des Wiederentstehens eine Unrechtssystem nachzukommen.
Ich ersuche deshalb das Verfassungsgericht um Zulassung meines
grundgesetzlich verbindlichen Anspruch zur Klärung und Bewertung
eines Rechtsfehlers und Prüfung der Konformität mit
grundgesetzlichen Kernbestimmungen. Der Grundgesetzgeber hatte den
Anspruch, dass sich das Verfassungsgericht der Einhaltung der
grundgesetzlichen Kernbestimmungen verpflichtet sieht und nicht
vergleichsweise lapidaren Themen wie einem 'Kopftuchverbots für
Lehrkräfte an öffentlichen Schulen'. Wenn Rechts- und
Ausführungsorgane und insbesondere die letzte Instanz eines
Rechtssystems nicht ihrer Verantwortung aufgrund der eigenen
belasteten Vergangenheit nachkommen, dann muss diese nicht
wahrgenommene Verantwortung von allen Anderen übernommen werden.
Dies sind wir den Opfern dreier deutscher Unrechtssysteme schuldig
und muss auf alle Ewigkeit unsere verpflichtende Handlungsmaxime sein
und bleiben. Aufgrund des Postulats meiner Wahrnehmung einer
historischen Verantwortung kann meinerseits eine unbegründete
Nichtannahme meiner Verfassungsbeschwerde nicht akzeptiert werden.
Für diesen Fall bestünde meine Verantwortungswahrnehmung darin, der
Weltöffentlichkeit die Gefahren eines wieder entstehenden Deutschen
Unrechtssystem durch ein unreflektiertes Handeln von Rechts- und
Ausführungsorgane vor Augen zu führen.
Ich
versichere, dass ich über die lutherische Entschlossenheit verfüge,
mich auch scheinbar übermächtigen Gegnern entgegenzustellen und
dass meine unerschütterliche Handlungsmaxime darin liegt, niemals
dem Entstehen eines Unrechtssystems tatenlos zuzusehen und von
Protagonisten eines solchen Bestrebens eine unabdingbare Wahrnehmung
von Verantwortung einzufordern. Sollte mir hierdurch das Schicksal
einer Sophie Scholl5
6,
eines Grafen von Stauffenberg13
17
oder eines Georg Elser's4
11
beschieden sein, so habe ich bereits Vorkehrungen getroffen, um die
Fallhintergründe schonungslos einer Weltöffentlichkeit zur Kenntnis
zu bringen. Für diese Fall richte ich an den Bundespräsidenten der
Bundesrepublik Deutschland die Bitte, mich postum von der Deutschen
Staatsangehörigkeit zu entbinden. Ich möchte nach meinem Ableben
nicht als Angehöriger dieses Staates wahrgenommen werden, für den
ich mich Zeit meines Lebens, ob der ignoranten Wahrnehmung seiner
historischen Verantwortung, schämen musste.
6 Sophie
Scholl
13 Claus
von Stauffenberg
17 Claus
von Stauffenberg
4 Georg
Elser
11 Georg
Elser
Mit
freundlichen Grüßen
Abe
Treiner
Bild- und Referenznachweise
1) http://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Bauer
2) http://en.wikipedia.org/wiki/Fritz_Bauer
3) http://de.wikipedia.org/wiki/NSU-Morde
2) http://en.wikipedia.org/wiki/Fritz_Bauer
3) http://de.wikipedia.org/wiki/NSU-Morde
4) http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Elser
5) http://de.wikipedia.org/wiki/Sophie_Scholl
6) http://en.wikipedia.org/wiki/Sophie_Scholl
7) http://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Siegel
8) http://de.wikipedia.org/wiki/Hannah_Arendt
9) http://en.wikipedia.org/wiki/Hannah_Arendt
10) http://de.wikipedia.org/wiki/Volksgerichtshof
11) http://en.wikipedia.org/wiki/Johann_Georg_Elser
12) http://en.wikipedia.org/wiki/Treachery_Act_of_1934
13) http://en.wikipedia.org/wiki/Claus_von_Stauffenberg
14) http://de.wikipedia.org/wiki/Heimt%C3%BCckegesetz
15) http://de.wikipedia.org/wiki/Bundesverfassungsgericht
16) http://en.wikipedia.org/wiki/People%27s_Court_%28Germany%29
17) http://de.wikipedia.org/wiki/Claus_Schenk_Graf_von_Stauffenberg
18) http://en.wikipedia.org/wiki/Federal_Constitutional_Court_of_Germany
19) Portrait_Gaier Bundesverfassungsgericht lorenz.fotodesign, Karlsruhe
20) Portrait_Paulus Bundesverfassungsgericht lorenz.fotodesign, Karlsruhe
21) Portrait_Schluckebier Bundesverfassungsgericht lorenz.fotodesign, Karlsruhe
22) Portrait_Kessal-Wulf Bundesverfassungsgericht lorenz.fotodesign, Karlsruhe
23) Portrait_König Bundesverfassungsgericht lorenz.fotodesign, Karlsruhe
24) Portrait_Landau Bundesverfassungsgericht lorenz.fotodesign, Karlsruhe
25) Bundesarchiv_Bild_151-39-23,_Volksgerichtshof,_Reinecke,_Freisler,_Lautz
26) Bundesarchiv_Bild_183-R99542,_München,_Judenverfolgung,_Michael_Siegel
27) http://openletter2amtsgermuc.blogspot.com/2013/07/offenerbrief-zum-thema-wennsich.html
28) http://openletter2amtsgermuc.blogspot.com/2014/02/veroffentlichen-eines-offenen-briefes.html
29) http://openletter2amtsgermuc.blogspot.com/2014/09/offener-brief-das-landgericht-munchen.html
30) http://openletter2ragregorrose.blogspot.com/2014/05/offener-brief-rechtsanwalt-gregor-rose.html
31) http://openletter2amtsgermuc.blogspot.com/2013/08/offener-brief-das-amtsgericht-munchen.html
32) http://abtmuc-myconception-eng.blogspot.de/2014/06/my-self-conception-about-responsibility.html
33) http://openletter2amtsgermuc.blogspot.com/2014/09/offener-brief-das-landgericht-munchen_8.html
34) http://abtmuc-myconception-ger.blogspot.de/2014/06/mein-selbstverstandnis-aufgrund-unserer.html
35) http://openletter2amtsgermuc.blogspot.com/2014/09/offener-brief-das-landgericht-munchen_11.html
36) http://constitutionalcomplaintgermany2015.blogspot.de/2015/03/verfassungsbeschwerde-deutschland-2015.html
37) http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Fluechtlinge-in-Polizeizelle-erniedrigt,misshandlung136.html